Es ist
noch früh am Morgen. Ich sitze auf dem Sofa im Wohnzimmer und warte auf
Pablo. Die Tür zum Hof ist geöffnet, das kleine Blitzlicht der Nikon
kann sich gegen die Finsternis draußen nicht durchsetzen.
Mit Pablo
trinke ich dann schnell einen Kaffee und esse eines der süßen
Brötchen, die es dazu morgens gibt. Wir unterhalten uns vorwiegend in
englischer Sprache, in die ich einige Brocken Spanisch einflechte, zur
Übung des alltäglichen Wortschatzes - die komplizierteren
Sachverhalte können Pablo und ich, welch ein Glück, in der Sprache
abhandeln, die ich im Süden von Mexico eigentlich nicht anwenden wollte.
Man wird, mit meiner Statur, Augen- und Haarfarbe, von den einfachen Leuten,
der indigenen Bevölkerung, im Bundesstaat Oaxaca mehr als 20 Prozent,
sowieso für einen 'Gringo' gehalten, ob man nun englisch spricht oder
nicht und die Leute im Dorf, die etwas englisch sprechen, so wie ich, wollen es
auch gleich ausprobieren.
"Soy alemán", war meine schnelle Anwort
auf einen auch nur vermuteten kritischen Blick, gefolgt von einer Auswahl aus
meinen 'cincuenta palabras' und mit meinem Englisch rückte ich erst
heraus, wenn meine Versuche in der Landessprache jemanden erbarmten, nun
seinerseits mich in Englisch anzusprechen.
Die Calle Hidalgo, breit, vier
Reihen Betonplatten, liegt im Dämmerlicht des nahen Sonnenaufgangs, in
West-Ost-Richtung angelegt, wird sie, wie die vielen Parallelstraßen,
alle drei bis fünf Häuser von Querstraßen in
Nord-Südrichtung gekreuzt. Wie auch in Cd.Oaxaca läßt Pablo
mich vorgehen, sagt mir Richtung und Stellen für besondere Aufmerksamkeit
an. Es ist der Weg, den viele Mumentheys gegangen oder geritten sind, seit dem
ersten Mumenthey in Niltepec um 1843. Wir unterhalten uns, wie so oft in den
Tagen in Niltepec über 'las familias Mumenthey' und mir klingt es immer
noch in den Ohren, was ich mich zu Hause oft gefragt hatte, wie denn nun dieser
Name en la region del Istmo ausgesprochen wird:
"Mumen-ttäii" mit der
Betonung auf "-ttäii"!
1) Patio.
En el pueblo de Niltepec a la catorce dias del mes de Noviembre de 1851. Yó el Curapropio después de hacen proclamado entren dias festivos ............... Agustin Mometey Soltero de 18. años hijo lejitimo de D. Guillermo Mometey y Da. Clara Joaquina Martel avecindado en la Ciudad de Oajaca
2) Esquina Calle Hidalgo.
3) El cerro.
4) El perro.
5) La chica.
Unser Weg verläuft kreuz und quer, immer wieder halte ich an um zu fotografieren, bis uns am Dorfrand ein Fußweg, steinig und uneben, weiterführt. Treffen wir auf Verwandte oder Bekannte, so verweilen wir, trotz der Eile, zu einem kleinen Schwätzchen.
6) Charla.
7) Camino.
Im
Osten ein zaghaftes Morgenrot, der Berggipfel noch von Wolken umhüllt, so
wandern wir etwas bergab auf einen eingefahrenen Karrenweg zu. Der Blick weitet
sich auf ein herrliches Panorama, auch das große Bild ist nur ein
schwacher Abglanz dieses Gemäldes einer Morgenstimmung.
Immer wieder
muß ich anhalten, um noch ein Foto zu machen. Doch der Weg ist noch weit
und Pablo mahnt zur Eile. Eingezäunte Weideflächen zur rechten und am
Horizont die Ausläufer der Sierra Madre del Sur. Ein Karren mit einer Blechtonne
beladen passiert uns.
Auf diesem Weg eine Stunde weiter entfernt, liegt
auch der Campo von Brigido. Wir unterhalten uns über die Mumentheys in
Niltepec, die fast alle Campesinos waren und sind und die möglichen
Gründe für den Orts- und Berufswechsel des Sohnes von Guillermo
Mummenthey und Clara Joaquina Martel, die in Oaxaca, 300 km, damals einige
Tagesreisen entfernt, eingebürgert waren.
Guillermo (August
Wilhelm) Mummenthey war nach einem Studium an der Bergschule in
Clausthal nach Oaxaca ausgewandert und dort im Frühjahr 1828 eingetroffen.
Nach den bisherigen Daten aus dem Kirchenbuch der Gemeinde Santiago
Apóstol in Niltepec, haben sie um 1832 in der Stadt Oaxaca oder der
Umgebung geheiratet, um 1833 ist dann Agustin Mummenthey Martel geboren.
Dieser Sohn ist dann in Niltepec 1851 in der Heiratseintragung als Agustín
Mometey und 1852 bei der Geburt seines Sohnes Martín Mometey López als
Agustín Mometey Ojeda eingetragen. Hinter dem Namen seiner Eltern steht nicht
mehr der Hinweis aufdie Bürgerschaft in Oaxaca sondern "... fueron ..."
das pretérito indefinido von ir (eine Vergangenheitsform von
gehen, die eine abgeschlossene Vergangenheit darstellt) und ein
seltsames Kürzel!
8) La cumbre está cubierta de nubes.
9) Por la mañana.
10) Camino largo.
11) Valla.
12) Carro.
13) Vacas en el río.
Mitten im Fluß, vorausschauend die glitschigen
großen Steine meidend, aber jeden Schritt behutsam aufgesetzt wegen der
spitzen kleinen Kiesel, hatte ich gerade den Berg in meinen 96 MB Speicher
gebannt, als das klatschende Geräusch von Hufen im Wasser mich alarmierte.
Brigido Mumenthey zu Pferde, mit einem Rind an einem Seil, schickte sich an,
die Furt zu überqueren. Welch eine Gelegenheit für Fotos! Ich bitte
Pablo, Brigido zu fragen, ob er etwas langsamer als sonst üblich seinen Weg
zu nehmen könne. Er läßt sich nicht lange bitten.
Brigido
Mumenthey Sesma ist der Großvater von Josías Antonio Mumenthey,
der meine Mummenthey Website auf der Suche nach der Herkunft seines Namens
entdeckte und die Email schrieb, die eine Begegnung, der mit einander
verwandten mexikanischen Mumentheys und der deutschen Mummentheys, erst
ermöglichte.
14) En medio del río.
15) Brigido a caballo.
16) Brigido espera para darme una oportunidad de hacer fotos .
17) La vaca está impaciente.
18) ¿Ya?
19) ¿O más fotos?
Ein Stück des Weges konnten wir Brigido noch begleiten, dann schlugen wir die Richtung zum Campo ein. Weit in der Ferne waren einige helle Pünktchen zu sehen, Rinder, wie sich bald herausstellte, deren Vorsicht, angelockt durch das Salz des Vaqueros, sich bald in übermütige Neugier verwandelte. Rinder indischer Herkunft, noch mager und mit seltsam hängenden Ohren unterhalb der kräftigen nach oben gebogenen Hörner, so ganz verschieden von den schwarzbunten Milchlieferanten unserer Breiten.
20) Los puntos y las vacas.
21) Uno, dos, tres, cuatro ......
22) ....cinco, seis, siete, ocho ....
23) ... y un vaquero!
Das linke Foto zeigt deutlich den Plastikbeutel mit Salz, das, von den Rindern sehr begehrt, sie offensichtlich ihre Scheu vergessen macht. Ein verknotetes Seil, ein Beutel mit wenigen Habseligkeiten und die griffbereite Machete, mehr Ausrüstung gibt es für den Vaquero nicht. Sandalen, wie auch das Bild 32) zeigt, werden von vielen im Dorf getragen und ich bekam auch ein Paar von José del Carmen Betanzos Mumenthey aus dem Bundesstaat Chiapas geschenkt, es ist die übliche Fußbekleidung, der großen Hitze angepaßt. Unter Schlangenfurcht leidet der Vaquero wohl nicht!
24) La sal.
25) ¡Ahí vienen!
26) Pablo y el vaquero.
27) Vaca curiosa.
28) ¡Alto!.
29) ¡Gracias!
30)Pablo y vacas.
31 ) El vaquero.
32) Pablo.
33) El perro.
34) Cercar una charla.
35) Los diez pies.
Auf dem Rückweg nach Niltepec frage ich Pablo weiter nach seinen Vorfahren in dem tiefwurzelnden und weit verzweigten Baum der Mumenthey im Pueblo. Er kennt sich gut aus und wir verabreden, am Nachmittag zur Kirche Santiago Apóstol zu gehen, um die Sekretärin nach den Eintragungen ins Kirchenbuch zu fragen. Mit hochgekrempelten Hosenbeinen waten wir vorsichtig zurück, Pablo trägt meine Schuhe, damit ich fotografieren kann. Meine digitale Nikon Coolpix 950, die auch mal in der Hosentasche verschwinden kann, mit ausreichend Speicherplatz und Reserve-Akkus versehen, war für all die verschiedenen Dokumentationszwecke, Fotos von alten Familienbildern, Kirchenbuchauschnitten, Makro-, Landschafts- und Personenaufnahmen ein unerläßlicher Begleiter. Am Ufer wollen die nassen und sandigen Füße nicht mehr so recht in die Schuhe passen. Das unangenehme Gehen wird bald durch einen Halt zu einem der zahlreichen Gespräche und Begegnungen auf diesem Wege höchst willkommen unterbrochen.
36) El río y el cerro.
37) En la orilla del río.
38) Un campesino Mumenthey.
39) Otra charla.
40) Otro Mumenthey a caballo.
41) De vuelta a Niltepec.
42) El patio de la casa.
43) Charla número tres.
Aquí los enlaces de las páginas de mis viajes a México y la página sobre Chiapas: