Catemaco

Die hohe Kraft
Der Wissenschaft,
Der ganzen Welt verborgen!
Und wer nicht denkt,
Dem wird sie geschenkt,
Er hat sie ohne Sorgen.

(J. W. v. Goethe, Faust I, Hexenküche, Die Hexe)

Catemaco hatte ich schon 2003 besucht - nun, fast vier Jahre später sind mir die Bilder wieder "in die Hände gefallen" - und haben angefangen zu sprechen. Vier Jahre sind vergangen, von denen ich nun knapp drei Jahre hier in Mexiko wohne. Catemaco, dieser mystische Ort, an dem sich am hellichten Tage und nicht nächtens, wie zur Walpurgisnacht, einmal im Jahr die Hexer und Hexen, Heiler und Gesundbeter aus mancherlei Ländern der Erde einfinden - eine Art "schwarzer Messe"! Damals waren mir gleich die ortstypischen Reiseandenken aufgefallen, in Form und Aufmachung der Brockenhexe und auch ihrer galizischen Kollegin gleichend. Sollten die fleissigen Chinesen, die Statuen der Jungfrau von Guadalupe und die mexikanischen Flaggen zu den Gedenktagen herstellen und verkaufen lassen, wie ich heute weiß, sollten sie auch hier ihre Hände im Spiel haben?

Catemaco liegt am gleichnamigen See, einem Vulkankrater mit zwei größeren Inseln, der Affeninsel und der Insel Nanciyaga. Im Norden des Sees befindet sich der Vulkan St. Martin, der zuletzt 1922 tätig war und im Süden der 1700 m hohe Gipfel Sta. Martha. Auf der Insel Nanciyaga wird ein privates

Naturschutzgebiet "Reserva ecológica de Nanciyaga" mit Skulpturen und anderen Einzelheiten der Olmekenkultur und einem kleinen Regenwald unterhalten. Eine geführte Tour über die Insel vermittelt die Kulisse, vor der man sich gut einen Voodoo-Zauberer oder einen brujo vorstellen kann.

Dieser südostliche Teil von Veracruz, nahe am Golf von Mexiko, atmet eine Atmosphäre, die in den ersten Kapiteln des Buches von Carlos Fuentes, Die Jahre mit Laura Díaz, eindringlich geschildert wird. Diese fruchtbare, tropische Landschaft, welche die Alpträume gewaltsamer Vergangenheit immer wieder neu gebiert.

So sind auch noch die alten Gottheiten gegenwärtig, zumindest aber nicht vergessen. Die gewaltsame Vernichtung einer vielfältigen Kultur und ihrer Intelligenz ist unvergeben und man bewahrt, was man noch in Händen hält.

Neben dem Laizismus ist es der Synkretismus, dem eine Religion mit vielfältigem Heiligenkalender und zahlreichen Nothelfern entgegenkommt, der die religiösen Vorstellungen in Mexiko formt.

Die Jungfrau von Guadalupe vereinigt viele Mexikaner im Glauben und sie wird am 12. Dezember mit landesweiten Wallfahrten besonders geehrt, - der unvergessene Papst, Carol Woytila, hatte ihr Abbild als einziges Bild auf seinem Schreibtisch, el papa de México! Hidalgo und Morelos, die das Signal zur Abschüttelung des spanischen Jochs gaben, trugen ihre Fahne als Banner der Freiheit und als Symbol Mexikos.

Aber auch die alten Statuen werden nicht nur aus Pietät geschmückt, so wie dieses Abbild eines Jaguar, des grössten felinen Raubtiers Mexikos und Göttergestalt vieler Völker dieses Kontinents - und besonders reich die rechte Skulptur, die an einen in ...

... Kontemplation versunkenen indischen Christus erinnert. Manch einer, auf der Rückreise von Nuestra Señora de Guadalupe in Mexiko Stadt, macht einen Abstecher nach Catemaco, um sich auch der anderen Seite zu versichern!

Basaltsäulen zu einem Steinhaus aufgerichtet, ein Hinweis auf die zum Teil gigantischen Basaltmonumente, Figuren und Köpfe der Olmeken, die in der präkolumbischen Zeit in diesem Küstengebiet des Bundesstaates Veracruz siedelten.

... und die Innenansicht hinter den Muschelschnüren. Die Insel hat Mineralquellen, deren schmackhaftes Wasser auch probiert werden kann.

Pilze und ähnlich giftig aussehendes Gewächs, welches fast schon durch das pure Ansehen Halluzinationen verursacht, gedeiht zur Freude der Schamanen in diesem feuchtwarmen Regenwaldklima besonders gut.

Allerdings stimmt es bedenklich, wenn in Chiapas in der Regenzeit, manchmal ganze Indigena-Familien vom Pilzgift, trotz ärztlicher Hilfe, dahingerafft werden, sollten sie nicht mehr die Pilze ihrer Wälder kennen?

Ein Krokodil sonnt sich träge und fällt kaum auf, ich musste mich richtig bemühen, es wenigstens zu drei Vierteln auf das Foto zu bekommen. Und wenn so ein gepanzertes Wesen unter den, die Badefreuden an einem See oder Fluss Geniessenden erscheint - so ist es nicht verwunderlich, wenn die fünf, sechs oder gar sieben Meter Lebendgröße Angst und Schrecken bis zur Panik hervorrufen!

Méxiko, Veracruz 2003